Ist eine Erbengemeinschaft klagebefugt?

Sind Erbengemeinschaften im Verwaltungsprozess klagebefugt oder beteiligungsfähig? Kann eine Erbengemeinschaft gegen einen Bescheid vorgehen?

Grundsätzlich ist eine Erbengemeinschaft vor dem Verwaltungsgericht nicht klagebefugt und auch nicht beteiligungsfähig. Eine ungeteilte Erbengemeinschaft kann somit in einem sich gegen einen Beitragsbescheid richtenden Anfechtungsprozess vor einem Verwaltungsgericht nicht als Partei auftreten.
Anders ist die Rechtslage auch nicht im Zivilrecht oder Sozialrecht.

Vorliegend werden zwei Grundstücke einer Erbengemeinschaft vermacht. Für diese Grundstücke wurden Abwasserbeiträge festgesetzt. Die Kostenbescheide richteten sich lediglich an zwei Erben. Die Bescheide erhielten den Zusatz, dass der Betrag von jedem Erben in voller Höhe zu zahlen ist, mithin Gesamtschuldnerschaft besteht. Hiergegen wurde ein Widerspruch eingelegt. Dieser hatte jedoch keinen Erfolg und führte zu einem abweisenden Bescheid. Hiergegen richtete sich die Erbengemeinschaft im Verwaltungsprozess (Anfechtungsprozess). Die Erbengemeinschaft als solche trat in dem Verfahren als Klägerin auf.
Vor dem Verwaltungsgericht hatte die Erbengemeinschaft damit keinen Erfolg. Die Klage wurde abgewiesen, da die Erbengemeinschaft kein Anfechtungsrecht hat. Es mangelt ihr an Parteifähigkeit und an Rechtsfähigkeit.
Das Oberverwaltungsgericht Bautzen lehnt mittels Beschluss den Berufungsantrag ab.

Gemäß § 61 Nr. 1 VwGO sind die einzelnen Erben beteiligungsfähig. Eine Beteiligungsfähigkeit der Erbengemeinschaft als Ganze gemäß § 61 Nr. 2 VwGO scheidet hingegen aus.
Die Erben üben die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass aus. Nicht jedoch die Erbengemeinschaft als solche.

Dies findet so auch im Zivilrecht Anwendung. Gemäß § 50 Abs. I ZPO ist eine Erbengemeinschaft im Zivilprozess nicht rechtsfähig, mithin nicht parteifähig (vgl. hierfür nur: BGH, NJW 2006, 3715).

Für das Sozialrecht gilt folgendes: Im Sozialprozess sind Erbengemeinschaften grundsätzlich beteiligungsfähig, was dem weitgefassten § 70 Nr. 2 SGG geschuldet ist. Jedoch fehlt es auch hier an der Rechtsfähigkeit (vgl. nur: BSG, NJW 1958, 1560).

Anders hingegen sieht es im Finanzrecht aus. Bei Erbengemeinschaften gibt es eine Vielzahl von steuerlichen Besonderheiten. Deswegen werden Erbengemeinschaften vom Bundesfinanzhof als Rechtsträger behandelt. Somit sind sie parteifähig.

In Verfahren vor dem Verwaltungsgericht fehlt den Erbengemeinschaften hingegen gemäß § 42 II VwGO sowohl die Beteiligungsbefugnis als auch die Klagebefugnis. Aus den Bescheiden wird ersichtlich, dass nicht die Erbengemeinschaft als solche, sondern nur die einzelnen Erben Adressat sind. Diese Miterben werden gesamthänderisch in Anspruch genommen, nicht jedoch die Erbengemeinschaft als solche.

(OVG Bautzen, Beschl. v. 11.3.2013 – 5 A 751/10)

Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Kontaktieren Sie uns.
Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Papsch&Collegen steht Ihnen in erbrechtlichen Fragen zur Seite. Ob es um die Erstellung eines Testaments geht oder um Erbstreitigkeiten. Wir beraten Sie.
Damit Sie Sicherheit haben und zu Ihrem Erbe kommen.